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Bestattungskultur – Vergangenheit Gegenwart und Zukunft

Noch nie in der Geschichte hat sich die Bestattungskultur in so kurzer Zeit so drastisch verändert wie in den letzten 30 Jahren. Im folgenden Text haben wir die wichtigsten Erkenntnisse von Studien zusammengefasst, die sich mit der Bestattungskultur in Deutschland auseinandergesetzt haben. Das Bemerkenswerte ist, dass alle drei Analysen einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft hinsichtlich der Bestattungskultur deutlich erkennbar vorfinden. Als Grund werden immer wieder die Liberalisierung der Bestattungsgesetze, die Abwendung von der christlichen Bestattungskultur und die daraus resultierende Individualisierung genannt.

Stundenglass
© Yanukit – picsastock.com

Der Wandel der Bestattungskultur in Deutschland

Die erste Studie ist die Arbeit von Dominic Akyel vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. Der Soziologe untersuchte den Markt der Bestatter. Dabei fand er heraus, wie sich der Markt, das Verhalten der Bestatter und der Bevölkerung innerhalb des 20. Jahrhunderts verändert haben. Zuvor galt eine große allgemeine Akzeptanz der traditionellen christlichen Abschiedsrituale. Wie ein anständiges Begräbnis auszusehen hatte, war gesellschaftlicher Konsens. Und wer es sich leisten konnte, sparte weder am Sarg noch an der Trauerfeier. In den neunziger Jahren und danach wurden viele Gesetzesänderungen verabschiedet. Diese hatten maßgeblich Einfluss auf die Bestattungskultur hatten.

Dass Krankenkassen nicht mehr das Sterbegeld zahlen und die Sargpflicht nach und nach abgeschafft wurde, gehören zu den wichtigsten Faktoren dieser Veränderungen. Das Resultat sind Design in der Sarg- und Urnengestaltung, Kaffeefahrten ins Krematorium und harter Konkurrenzkampf durch Billigbestatter. Der Markt bestimmt die Landschaft der heutigen Bestattungskultur. Die einzelnen Unternehmen müssen sich neu ausrichten und sich am Markt von anderen absetzen. Dies geschieht entweder durch den Preis oder durch ein individuell abgestimmtes Angebot. Meistens ist es eine Kombination von beidem. Die Studie erkennt einen deutlichen Trend zu "Individualisierung und Billigangeboten".

Wie sieht die Bestattungskultur heute aus?

Die zweite Studie wurde vom Bund Deutscher Bestatter e.V. (BDB) in Zusammenarbeit mit der Universität Bochum erstellt. Sie befasst sich eingehend mit dem jetzigen Zustand des Marktes für Bestattungen. Dazu wurden Daten von etwa 3000 Bestattungsunternehmen (alle Mitglieder des BDB) ausgewertet. Ziel war es, den Wandel der Bestattungskultur in Deutschland darzustellen. Die Studie zeigt deutliche Unterschiede in der Bestattungskultur zwischen unterschiedlichen "Milieus" in der Bevölkerung, zwischen Einkommensklassen und zwischen Menschen auf dem Land und in der Stadt.

Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass der Wandel der Bestattungskultur stark von ökonomischen, aber auch sozialen Faktoren beeinflusst wird. Es geht deutlich aus der Studie hervor, dass der Trend entgegen der Traditionen hin zur Individualisierung und zur Kosten-Nutzen-Rechnung tendiert. Dennoch gibt es noch Gruppierungen in der Gesellschaft, die den markttypischen Entwicklungen trotzen und an Konvention und Tradition der Bestattungskultur festhalten. Charakteristisch für den modernen Bestattungsmarkt ist die Zunahme an Gestaltungsmöglichkeiten, Grabarten und Bestattungssorten. Das Bestattungsverhalten ist sowohl vom Einkommen als auch von der Region abhängig. Es ist für Bestattungsunternehmen immer von Vorteil zu wissen, was die Kunden erwarten.

Wohin entwickelt sich die Bestattungskultur?

Die dritte Studie zeigt nicht nur den derzeitigen Stand der Bestattungskultur auf. Sie prognostiziert darüberhinaus auch, wie sie sich in Deutschland und Europa im 21. Jahrhundert entwickeln wird. Dazu hat Prof. Dr. Norbert Fischer Studien verschiedenster akademischer Disziplinen zusammengetragen und ausgewertet. Das Resultat seiner Arbeit ist einerseits eine Bestätigung des oben bereits genannten Paradigmenwechsels in der Bestattungskultur. Er findet ebenfalls einen Trend zur Individualisierung und zu Billigangeboten. Andererseits zeigt seine Studie auch eine Veränderung in der Erinnerungskultur. Er findet "eine Zunahme der Gedächtnislandschaften im öffentlichen Raum, wobei es um die sinnhaft-symbolische Aneignung von Orten, Räumen und Landschaften durch Artefakte der Erinnerung, die damit zum Medium eines gesellschaftlichen Gedächtnisses werden." Gemeint ist, dass die Erinnerungskultur den Friedhof verlässt, beispielsweise in Form von Gedenkportalen.

Obwohl der Friedhof in Nähe der Gesellschaft positioniert ist, ist dennoch deutlich von ihr getrennt. Erkennbar ist dies beispielsweise an den hohen Mauern der Friedhöfe. Auf der anderen Seite zeigen sich immer mehr Erinnerungssymbole im öffentlichen Raum. Professor Fischer nennt in diesem Zusammenhang das Aufkommen von Erinnerungswebsites und Kreuzen am Straßenrand. Er weist aber auch auf mediale Inszenierungen im Fernsehen oder auf Facebook hin, die zunehmend eine große Rolle spielen. Zu denken ist dabei an die Welle an Nachrichten über den Tod von Michael Jackson, die am Tage seines Todes und den folgenden Tagen durch das Internet zog. Hinweistafeln und Denkmäler sind weitere Erscheinungsformen dieser Entwicklung. Tod und Trauer werden individualistisch und pluralistisch interpretiert, der Friedhof in Frage gestellt, und die Entkirchlichung schreitet weiter fort. Dies sind Anzeichen einer "Liberalisierung" und "Individualisierung" der Bestattungskultur

Epitaph
© zwiebackesser – fotolia.com

Entwicklungen in der Bestattungskultur

Basierend auf bereits bestehenden Studien lässt sich die Entwicklung der Bestattungskultur in drei Typen einteilen:

  • miniaturistisch-anonymisierend
  • naturreligiös-ökologisch
  • ästhetisch-performativ

Mit dem miniaturistisch-anonymisierenden Typ wird als Beispiel die Bestattung auf einem anonymen Gräberfeld genannt. Beschreibend für diesen Typ sind das Fehlen einer Kennzeichnung der Grabstätte oder eines individuellen Grabmals. Diese Entwicklung spiegelt das Ende der jahrhundertealten Tradition des individuellen und familienbezogenen Grabes wider. Diese Entwicklung zeigt "das Ende ortsbezogener Beziehungen zwischen den Generationen und der bürgerlichen Muster von Beziehungen (Familie, soziale Klasse, Konfession)."

Eine entgegengesetzte Entwicklung zeigt der naturreligiös-ökologische Typ. Dieser wird als wichtigste Tendenz der Bestattungs- und Erinnerungskultur des frühen 21. Jahrhunderts genannt. Sie beschreibt die Aufgabe des Friedhofs als Bestattungs- und Erinnerungsort. Entscheidend für diese Entwicklung sind Baumbestattungen, Seebestattungen und Almwiesenbestattungen. Die Nachfrage nach diesen neueren Bestattungsarten ist rasant gestiegen. Familien, Freundeskreise oder andere Formen sozialer Gruppen lassen sich gemeinsam in naturbelassenen Plätzen beisetzen. Dabei sind diese Plätze auf den ersten Blick kaum als Orte einer Bestattung zu erkennen.

Der ästhetisch-performative Typ ist zwar selten vertreten, doch auch er zeigt eine deutliche Zunahme. Gemeint ist unter anderem die Pressung eines Erinnerungsdiamanten. Das Schmuckstück kann überall hin mitgetragen werden und wird als Darstellung eines geehrten und sinnvollen Lebens betrachtet. Den Möglichkeiten sind hier keine Grenzen gesetzt, und es bleibt interessant, den kreativen Anwendungsmöglichkeiten zu folgen, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auf uns zukommen werden.

Fazit:

Die Bestattungskultur in Deutschland hat sich einem starken Wandel unterzogen. Dabei hat sie sich teilweise weit von den Riten der Kirche entfernt und spiegelt immer individueller werdende Bestattungs- und Erinnerungskulturen wider. Entscheidend für die drastische Veränderung der Bestattungskultur ist die Verbrennung des Leichnams im Krematorium. Diese "Technisierung des Todes" wird als die bedeutendste Veränderung im Bestattungswesen bezeichnet. Erst die Einäscherung ermöglicht die vielen alternativen Bestattungsformen und eine Individualisierung der Bestattungskultur. Individualisierung und Billigangebote sind charakteristisch für die heutige Bestattungskultur. Es ist zu erwarten, dass sich diese Tendenzen weiter fortführen und die Erinnerungskultur in der Mitte unserer Gesellschaft stärker Platz findet.

Quellen (im PDF-Format)

Studie zum Thema Bestattungskultur

Das klassische Begräbnis stirbt

Perspektiven neuer Bestattungs- und Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert

Geprüfte Bestatter bei Bestattungsvergleich!